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Nachwuchs gesucht!

Es sieht nicht gut aus im Handwerk: Die Aufträge sind da, aber der Nachwuchs fehlt. Dass immer weniger junge Menschen eine Ausbildung in einem Handwerksberuf machen wollen, hat einige Gründe. Aber einen davon, sagt Holger Winkler aus Rodheim, haben die Betriebe selbst zu verantworten.

Nachwuchskräfte im Handwerk kommen? »Eine Katastrophe«, sagt Holger Winkler. Er weiß, wovon er spricht. Der stellvertretende Kreishandwerkermeister ist schon lange in der Branche. In seinem Betrieb, Elektro Winkler in Rodheim, bildet er seit 30 Jahren aus.Was er seither beobachtet: Die Situation wird immer schlechter. Die meisten jungen Leute wollen nach der Schule an die Uni. Und, wie Winkler es zynisch und zugespitzt ausdrückt: »Zwei Semester BWL, die Vorlesung fängt um 10 an, finden die super, dann ein Auslandssemester und danach noch mal zwei Semester Psychologie.«

Was der Chef des siebenköpfigen Unternehmens aber auch weiß: Viele der Nachwuchs-Probleme im Handwerk sind hausgemacht, das Negativklischee teilweise selbst verschuldet.

»Es gab schon immer die Firmen, die nur ausbilden, um billige Arbeitskräfte zu haben.« Und in denen die Azubis immer die gleiche Arbeit machen müssen. Aber es gibt auch die anderen. Die, die daran interessiert sind, qualifizierte Handwerker auszubilden. Winklers eigene Herangehensweise ist ein gutes Beispiel dafür. Einer seiner ehemaligen Azubis, Florian Dietz, hat seine Ausbildung mit zwei Auszeichnungen und wegen der guten Leistungen früher beendet.

Dass er mal Handwerker werden will, hat Florian Dietz schon als Kind gewusst. Nun hat er den passenden Job gefunden: In seiner Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik ist er sogar zweifach ausgezeichnet worden.

Probleme am Anfang

Der 19-Jährige, inzwischen ausgebildete Elektroniker für Energieund Gebäudetechnik, ist zum einen Innungsbester Lehrling im Wetteraukreis, zum anderen war er mit seinem Notendurchschnitt von 1,4 Jahrgangsbester in der Johann-Philipp-Reis-Schule. Mittlerweile ist er im Betrieb übernommen worden.

Dabei hatte es bei ihm alles andere als gut angefangen. Seine Ausbildung begann er in einem anderen Betrieb. Nach nur wenigen Wochen merkte er, dass das nichts für ihn ist: Weil er, wie er erzählt, immer die gleiche Arbeit machen musste, dabei aber nichts gelernt hat. Über Kontakte kam er schließlich mit Holger Winkler ins Gespräch, der den damals 16-Jährigen einstellte – eine Win-Win-Situation für beide. Der Chef ist zufrieden mit dem jungen Mitarbeiter (»er hat sich ganz fantastisch entwickelt«), und der wiederum mit seinem Beruf und der Stelle.

Am meisten, erzählt Florian Dietz, gefällt ihm, dass sein Beruf so vielseitig ist. Der Betrieb bietet zum Beispiel Leistungen an in den Bereichen Beleuchtungstechnik, Steuerungstechnik und SmartHome-Lösungen.

Die seien ohnehin im Handwerk so gut wie in keiner anderen Branche: Die Auftragslage sei sehr gut, die Zukunft der Berufe sicher, Aufstiegschancen gebe es auch genügend, sowohl was die Position als auch was das Gehalt angehe. Überhaupt, sagt Winkler: »Im Handwerk sieht man am Ende des Tages, was man mit seinen eigenen Händen erschaffen hat.«

“Es gab schon immer die Firmen, die nur ausbilden, um billige Arbeitskräfte zu haben„ Holger

Die Aufgaben wechseln ständig, Florian Dietz ist jeden Tag woanders im Einsatz. »Es gibt immer neue Herausforderungen.«

Diese Sichtweise ist genau die richtige, sagt sein Chef Winkler: »Es ist ein Unterschied, objemand etwas als Herausforderung oder als Problem betrachtet.« Beispiel Wochenende: Ein Großkunde aus dem Einzelhandel rief kürzlich an einem Samstag bei Holger Winkler an. Im Laden sei etwas kaputt, müsse dringend repariert werden. Winkler klingelte bei seinen Mitarbeitern durch – und erreichte Florian Dietz, der sofort zusagte, losfuhr und das Problem alleine löste. »Zwei Wochen nach seiner Gesellenprüfung«.

Oder kürzlich, als Winkler für eine Woche ausgefallen war: »Die Jungs sind klasse, ich kann mich blind auf sie verlassen, die haben den Laden eine Woche alleine geschmissen.« So etwas funktioniere nur durch gegenseitige Wertschätzung, indem man die Mitarbeiter, gerade auch die Azubis »fordert und fördert« (»statt sie drei Jahre nur Kabel verlegen zu lassen«), und indem man ihnen Perspektiven biete.

25 000 offene Stellen

Das Handwerk sieht den Fachkräftemangel als eines der drängendsten Probleme der Branche. »Wir haben einen enormen Bedarf«, sagte der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, im April auf der Frühjahrskonferenz in Chemnitz. 2018 blieben bundesweit 17000 Lehrstellen unbesetzt, insgesamt gibt es rund 25000 offene Stellen im Handwerk. Zudem werden in den nächsten Jahren rund 200000 Handwerksunternehmen einen Nachfolger suchen. »Wir könnten mehr Aufträge abarbeiten, die Kunden müssten weniger lang warten, wenn wir mehr Leute hätten.«

Um den Problemen entgegen zu wirken, gibt es im Wetteraukreis eine AG der Kreishandwerkerschaft, Topas (Abkürzung für Top-Ausbildungsstellen), die sich für die Qualität in den Ausbildungen einsetzt, wie Holger Winkler sagt. Auf der Homepage der Initiative heißt es: Die Topas-Meisterbetriebe »verpflichten sich freiwillig, besondere Qualitätsstandards für die Ausbildung junger Menschen zu erbringen.« Zudem weist Winkler auf die Freisprechungsfeier am 14. September im Kurhaussaal im Bad Nauheimer Dolce hin, bei der die ehemaligen Handwerk-Azubis aus dem Kreis ihre Gesellenbriefe in einem feierlichen Rahmen überreicht bekommen.